Jameda, Sanego, Docinsider, Arztauskunft: „Alle wollen mein Geld.“

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Seit es niedergelassene Ärzte gibt, werden sie durch Anbieter von Adressverzeichnissen „bedrängt“. Waren es bis vor wenigen Jahren die Anbieter von Telefonbüchern, besonders von Branchenbüchern, sind es heute die Anbieter von Internetverzeichnissen und Bewertungsportalen, die Ärzten einen hervorgehobenen Eintrag als wichtig ans Herz legen.

„Ob Jameda, Sanego, Docinsider oder wie sie heissen, alle wollen mein Geld. Und nicht nur das, sondern auch meine knappe Zeit.“, so klagte eine Ärztin, die ich kürzlich bei einem Neujahrsempfang traf.

Übersicht

1 Wie trifft man die richtige Entscheidung zwischen den Adressverzeichnissen und Bewertungsportalen?

1.1 Gibt es einen Ausweg aus dem Entscheidungsdilemma?
1.2 „Ich mag Google nicht.“

2 Praktisch jede Arztpraxis in Deutschland verfügt über einen Eintrag bei Google

2.1 Die Pflege des Google-Praxisprofils ist Grundlage jeder Form von Praxismarketing
2.2 Wieviele Arztpraxen in Deutschland nutzen aktiv ihr Google Unternehmensprofil?

3 Die Risiken eines passiven Google-Praxisprofils

4 Zehn bis zwanzig Minuten pro Woche sind ausreichend

Wie trifft man die richtige Entscheidung zwischen den Adressverzeichnissen und Bewertungsportalen?

Entscheidungskriterien könnten z.B. sein, die Reichweite (= Zahl der Nutzer pro Monat), das Ranking des Anbieters in Suchmaschinen und natürlich der Preis. Oder sollte man sogar mehrere Portale pflegen, um möglichst viele potentielle Patienten zu erreichen? Die Komplexität und Zeitaufwendigkeit solcher Überlegungen, führt bei bei vielen Niedergelassenen zum Verschieben der Entscheidung oder bei manchen zu einer spontanen Entscheidung, die möglicherweise mehr Geld kostet als sie bringt. Ein Leistungsnachweis des eingesetzten Geldes ist in den meisten Fällen schwer zu erbringen. Und wenn man mal einen Vertrag unterzeichnet hat, läuft dieser meistens unbemerkt unendlich. Der Betriebswirt sprich von Fixkosten. Das sind die Kosten, vor denen sich eine Arztpraxis, wie jedes andere Unternehmen auch, hüten sollte.

Gibt es einen Ausweg aus dem Entscheidungsdilemma?

Ja, den gibt es. Wie oft in Entscheidungssituationen, übersehen viele Praxisinhaber, dass es eine allgegenwärtige Lösung gibt, die zudem noch gratis ist. Und zudem manche Optionen bietet, für die man ansonsten zahlen müsste: Das Google Unternehmensprofil, im weiteren Praxisprofil genannt.

„Ich mag Google nicht.“

Diese Option Google wird vermutlich oft übersehen oder nicht in Erwägung gezogen, weil viele Niedergelassene Google nicht mögen, vor allem wenn sie an Bewertungen durch Patienten auf Google denken: „überwiegend unzufriedene Patienten, unsachliche Bewertungen, kaum Möglichkeiten der Löschung“. Stimmt, aber nur zum Teil. Als Unternehmer ist man meistens gut beraten, wenn man auf der Grundlage von Fakten entscheidet. Und die sind folgendermassen: 64 % der Bewertungen auf Google sind Vier- und Fünf-Sterne-Bewertungen, stammen demnach von zufriedenen und sehr zufriedenen Patienten. Unzufriedene Patienten, die meistens nur 1 Stern geben, machen nur 36 % aus. Diese Zahlen ähneln denen vieler Dienstleister, sind also nicht ungewöhnlich.

Fazit: Das Google Unternehmensprofil ist eine Alternative, die man in Erwägung ziehen sollte, bevor man kostenpflichtige Verträge mit Anbietern von anderen Adressverzeichnissen oder Arztbewertungsportalen eingeht.

Praktisch jede Arztpraxis in Deutschland verfügt über einen Eintrag bei Google.

Diese Profil-Einträge wurden von Google im Laufe der Jahre für bestehende Praxen automatisch angelegt, indem Daten, die irgendwo im Internet verfügbar sind oder waren, dort zusammengefasst wurden. Google versteht diese Praxisprofile als Service für seine Nutzer: Wenn ein Patient nach dem Namen einer Praxis oder eines Arztes googelt, muss er nicht eine Vielzahl von Suchergebnissen durchforsten, sondern findet das Wichtigste kompakt zusammengefasst im Praxis- bzw. Unternehmensprofil.

Man findet dieses Praxisprofil, indem man auf google.de oder bei maps.google.de den Praxisnamen eingibt. Das Profil erscheint auf einem Desktop-Computer in der linken oder rechten oberen Ecke des Bildschirms, auf einem Smartphone ganz oben.

Die Pflege des Google-Praxisprofils ist Grundlage jeder Form von Praxismarketing

Das ist meine Erfahrung, und davon bin ich zutiefst überzeugt. 5 Argumente:

  1. Das Google Profil erreicht mit hoher Wahrscheinlichkeit mehr potentielle Patienten als sonstige Portale.
  2. Drei Top-Praxen sind bei jeder Suche- direkt und ohne zusätzlichen Klick – inkl. Google-Sternen erkennbar.
  3. Die Reihenfolge der aufgeführten Praxen kann – im Gegensatz zu anderen Portalen – nicht durch Buchung eines Premium-Eintrags beeinflusst werden.
  4. Viele der anderen Portale greifen auf die Daten des Google Unternehmensprofils zurück.
  5. Es ist gratis.

Fazit: Es spricht vieles dafür, sich sorgfältig um das Googleprofil einer Praxis zu kümmern, bevor man über weitere Marketingaktivitäten nachdenkt.

Wieviele Arztpraxen in Deutschland nutzen aktiv ihr Google Unternehmensprofil?

Bis jetzt gab es keine Daten, wie viele Arztpraxen das von Google angelegte Profil ihrer Praxis beansprucht haben und aktiv nutzen. Deshalb haben wir eine empirische Untersuchung durchgeführt, um einen Anhaltspunkt für diese Frage zu bekommen.

Dazu wurden 100 Arztpraxen (geschichtet nach den 10 Postleitzahlgebieten) per Zufallsprinzip ausgewählt. Das gewählte Verfahren führte dazu, dass 39 % Hausarzt- und 61 % Facharztpraxen in die Stichprobe gelangten. Dieses Verhältnis entspricht ziemlich genau den im Bundesarztregister aufgeführten Zahlen (Stand: 31.12.2021) und kann als Hinweis auf die Güte der Stichprobe interpretiert werden. [Die vollständigen technischen Daten der Studie sind am Schluss aufgeführt.]

Ergebnisgrafik einer Studie, wie intensiv Arztpraxen das Google Praxisprofil nutzen
58 % der Arztpraxen in Deutschland haben ihr Google Profil noch nicht beansprucht.

Im Juli 2022 hatten – laut den erhobenen Daten – erst 42 % der niedergelassenen Arztpraxen die Inhaberschaft des von Google angelegten Praxisprofils beansprucht. 32 % haben eigene Fotos eingestellt, die im Profil angezeigt werden. Eine Detailanalyse zeigt, dass der größte Teil dieser Fotos zu einem einzigen Termin eingestellt wurde, vermutlich nach Beanspruchung der Inhaberschaft des Profils. Eine regelmäßige Aktualisierung der Fotos konnten wir bei keinem der Praxisprofile finden.

19 % der Arztpraxen haben mindestens einmal auf eine Bewertung durch Patienten reagiert. In den allermeisten Fällen handelt es dabei um Reaktionen auf negative Bewertungen. Eine systematische Kommunikation mit Patienten, die eine Bewertung abgegeben haben – unabhängig ob positiv oder negativ – konnte nur bei 2 % der Praxen beobachtet werden.

Die Risiken eines passiven Google-Praxisprofils

Es gibt wichtige Gründe, warum eine Arztpraxis ihr Google-Profil beanspruchen und regelmäßig pflegen sollte. Nachfolgend die vier wichtigsten, um Risiken zu begrenzen.

1. Jeder – Patienten oder auch Kollegen – kann Änderungen vorschlagen, die Google umsetzt, sofern sie plausibel erscheinen. Ob solche Änderungen korrekt sind, prüft Google nicht. Als Inhaber wird man darüber informiert und kann Änderungen ablehnen. Wer sein Profil nicht beansprucht hat, bemerkt solche Änderungen allenfalls per Zufall.

2. Jeder, der über ein gratis Google-Konto verfügt, kann Fotos hochladen oder Fotos löschen. Konkret: Unbekannte Dritte (Stichwort: Fake-Accounts) können die Darstellung einer Arztpraxis bei Google beeinflussen, zum Positiven wie zum Negativen.

3. Wenn eine Arztpraxis keine eigenen Fotos zur Verfügung stellt, wählt Google zuweilen unpassende Fotos aus, um die Praxis zu präsentieren. Zwei Beispiele: Ein Arzt, der keine Fotos zur Verfügung stellt, wird mit dem Bild einer Parteiversammlung präsentiert, bei der er zum Ortsvorsitzenden gewählt wurde. Im Google-Profil einer Praxis in Mainz erscheint – mangels eigener Fotos – das Foto einer Mainzer Fastnachtssitzung.

4. Vierter und wichtigster Punkt: Sterne-Bewertungen sind im Google Praxisprofil prominent zu sehen. Unabhängig davon, wie man die Aussagekraft dieser Bewertungen einschätzt, sind sie für Patienten ein erster und bedeutender Anhaltspunkt. Deshalb macht es Sinn, diese Bewertungen zeitnah zu verfolgen. Mit einem aktiven Google-Profil wird die Praxis über jede neue Bewertung per Email informiert und kann reagieren.

Empfohlene regelmäßige Aktivitäten im Praxisprofil

Der Startaufwand zum Einrichten des Praxisprofils beträgt ca. 1-2 Stunden. Anschließend ist es nach unseren Erfahrungen ausreichend, sich jede Woche für 10 bis 20 Minuten dem Google Profil zu widmen. Als Organisationsform hat sich bewährt, dass eine MFA sich darum kümmert und die Praxisinhaber in der Teambesprechung auf dem Laufenden hält.

Folgende Aktivitäten sollten regelmäßig erledigt werden:

• Öffnungszeiten aktuell halten: Urlaub, Weiterbildungstage, sonstige Schließtage
• Auf jede Bewertung antworten, auch auf Positive.
• Anfragen kurzfristig bearbeiten (Google registriert positiv, wenn der Anfrager innerhalb von 24 Std. eine Antwort erhält).
• Jeden Monat mindestens ein neues Foto einstellen

Praxen, die sich vom Durchschnitt abheben wollen, können noch zwei weitere Optionen nutzen:

Google bietet die Möglichkeit, kurze Blogbeiträge auf dem Praxisprofil zu veröffentlichen. In unserer Studie haben nur 6 % der Praxen diese Art der Kommunikation genutzt. Themen, die für Patienten interessant sein könnten, gibt es mehr als man denkt, z.B. neuer Grippeimpfstoff ist verfügbar; wir haben eine neue MFA; Praxisinhaber hat an einer Fortbildung zum Thema xy teilgenommen; wir suchen Personal usw.

Zum zweiten: Als Ergänzung zu den Standardinformationen des Praxisprofils kann man besondere Leistungen oder Schwerpunkte einer Praxis als „Produkte“ anlegen und mit Foto und einem kurzen Text erläutern.

Technische Daten der Studie

N = 100 Arztpraxen
Stichprobe: Geschichtete Zufallsstichprobe. Schichtungskriterium: alle zehn deutschen PLZ-Bereiche, aus denen je ein zweistelliger Bereich mit Zufallsgenerator ermittelt wurde, konkret: 12, 22, 34, 48, 55, 64, 75, 88, 99, 09
Innerhalb jedes PLZ-Bereichs wurden per Zufallsstichprobe 10 Praxen ausgewählt. Das gewählte Verfahren führte dazu, dass 39 % Hausarzt- und 61 % Facharztpraxen in die Stichprobe gelangten. Dieses Verhältnis entspricht ziemlich genau den im Bundesarztregister aufgeführten Zahlen (Stand: 31.12.2021) und kann als Hinweis auf die Güte der Stichprobe interpretiert werden.
https://www.kbv.de/media/sp/2021-12-31_BAR_Statistik.pdf
Erhebungszeitraum: 6. bis 8. Juli 2022
Durchführung: https://mho.world

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Gundolf Meyer-Hentschel

3 Gedanken zu „Jameda, Sanego, Docinsider, Arztauskunft: „Alle wollen mein Geld.““

  1. Sehr geehrter Herr Meyer-Hentschel,

    das beschriebene „“GOOGLE Praxisprofil“ ist tatsächlich ein Eintrag bei „Google-Maps“, der in früheren Jahren von Google ungefragt und automatisch für jede Praxis angelegt und mit Inhalten befüllt wurde;

    der Umgang mit Rezensionen („Sterne-Bewertungen“) ist bei Google alles andere als seriös, gegen ungerechtfertigte Negativ-Bewertungen und sogar ehrverletzende Anfeindungen kann man sich als Unternehmen kaum wehren;

    für Google sind wir alle nur die Ware – diese Plattform lebt von unseren Daten, dem „Traffic“ der User und der Werbung; die m.E. übergriffige, automatische Anlage von solchen Profilen ist für Google nur Mittel zum Zweck;

    heute ist die automatische Erstellung eines Praxisprofils durch Google rechtlich nicht mehr ohne weiteres zulässig; es fehlt daher eine wichtige Option in Ihren „Tipps zur Pflege“ – nämlich die komplette Löschung des Google Maps-Eintrages; dies ist möglich, und wird ggf. auch von Rechtsanwälten oder spezialisierten Firmen übernommen; ich habe das erfolgreich gemacht ;

    man sollte, statt auf Google zu vertrauen, lieber eine gute eigene Website haben, die in Kombination mit Namen, Fachgebiet und Region auch zukünftig leicht über Google gefunden werden kann, ohne dass man sich unerwünschten Google-Algorhythmen oder Bewertungen auf Google-Maps aussetzt;

    mit freundlichen Grüßen, D. Paulukat,

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    • Sehr geehrter Herr Paulukat,
      besten Dank für Ihre Ergänzung, die in der Tat sehr wichtig ist.
      Ich stimme Ihnen völlig zu, dass man Google nicht unbedingt mögen muss. Ich selbst nutze z.B. als Suchmaschine ausschliesslich duckduckgo.com, um einer Weiterveräusserung meiner Daten eine gewisse Grenze zu setzen.

      Ihre Idee einer gut auffindbaren Website ist sehr gut, allerdings ist der Aufwand, ein gutes Google Ranking zu erreichen, nicht zu unterschätzen. Ausserdem muss man berücksichtigen, dass rund 70 % aller Patienten ein Smartphone für die Suche nutzen und zuerst durch die angezeigten Praxisprofile Ihrer Kollegen scrollen müssen, um zu Ihrer Website zu gelangen. Wenn überhaupt.

      Das ist natürlich von Google gewollt, man möchte nicht, dass ein User das Google-Ökosystem durch Klick auf eine andere Website verlässt. Eine wirklich verzwickte Situation, die durch die marktbeherrschende Position von Google entstanden ist.

      Beste Grüsse
      Gundolf Meyer-Hentschel

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